Intermodale Lösungen unter Berücksichtigung des ÖPNV - Grundlagen, Bedeutung und Fördermöglichkeiten
Themenfokus "Intermodalität"Datum 22.1.2024
In unserem aktuellen Themenfokus beleuchten wir die Bedeutung von „Intermodalität“, auch unter Berücksichtigung des Öffentlichen Personen Nahverkehrs (ÖPNV), gehen auf den Unterschied zur „Multimodalität“ ein und stellen die Förderprogramme des Bundes vor, u.a. zur intermodalen Verknüpfung von Fahrrad und öffentlichem Personenverkehr. Die aktuelle Themenkarte zeigt eine Auswahl von Projekten, Beispielen und Lösungen zu Intermodalität unter Berücksichtigung des ÖPNV.
Definition "Intermodalität"
Laut des Mobilitätsblogs Zukunft Mobilität stammt der Begriff Intermodalität ursprünglich aus dem Bereich des Gütertransports und fand erstmalig in den 1960er Jahren in den USA mit der aufkommenden Containerisierung Verwendung.
"Intermodalität ist die Nutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel für eine Wegstrecke bzw. die Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsträger, z. B. die Fahrt mit dem Fahrrad zum Bahnhof auf dem Arbeitsweg, das Umsteigen in den Zug und dann in den Bus oder auf das Mietrad.
Im vernetzten Verkehr kommt dem Fahrrad eine Schlüsselfunktion zu. Denn Fahrrad und ÖPNV lassen sich im intermodalen Verkehrssystem ideal miteinander verbinden. Um eine echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr (also klassischerweise der Fahrt mit dem Pkw) zu bieten, muss intermodale Fortbewegung einfach und komfortabel sein.", (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr).
Intermodalität vs. Multimodalität
Zukunft Mobilität hat in einem Blog-Beitrag den intermodalen Verkehr weiter analysiert. Demnach wird Intermodalität auch als Sonderform der Multimodalität bezeichnet. "Im Personenverkehr beschreibt Multimodalität zum einen die grundsätzliche Möglichkeit, verschiedene Verkehrsmittel zu nutzen. Intermodalität ergänzt dies durch die Möglichkeit über Umsteigepunkte während einer Reise direkt zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln zu wechseln.
Verkehrsteilnehmende, die unterschiedliche Verkehrsmittel innerhalb eines definierten Zeitraumes nutzen, werden als multimodal bezeichnet und diejenigen, die während eines Weges mehrere Verkehrsmittel nutzen, werden als intermodal bezeichnet.
Während Multimodalität die “Variation von Verkehrsmitteln” bezeichnet, bezieht sich Intermodalität dementsprechend auf die “Verkettung von Verkehrsmitteln", (vgl. Zukunft Mobilität - Was ist intermodaler Verkehr?).
Welche Bedeutung haben intermodale Mobilitätsangebote?
Zu dieser Frage ist im Nationale Radverkehrsplan 3.0 (NRVP) folgende Vision vorgesehen: „Fahrradfreundliche Siedlungen, lebenswerte öffentliche Räume und intermodale Mobilitätsangebote erhöhen die Attraktivität von Städten und Regionen und laden zum Radfahren ein. (S. 29)
Dabei wird mit dem NRVP das Leitziel eines lückenlosen Radverkehrs in Deutschland verfolgt:
„Zu einer lückenlosen Radverkehrsinfrastruktur gehören auch gut zugängliche und komfortable Möglichkeiten zum Abstellen des Fahrrads an den Zielorten und am Wohnort. Das Fahrrad ist auch als intermodales Verkehrsmittel stark. Dafür müssen Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen und ÖPNV-Haltestellen zum Basisangebot werden, die Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmit- teln verbessert und Fahrradverleihsysteme müssen integriert geplant sowie umgesetzt werden. Handlungsbedarf besteht beim Netzausbau, beim Ausbau der Abstellmöglichkeiten und der Verknüpfung des Fahrrads mit dem öffentlichen Verkehr. Nur so kann 2030 ein lückenloses Radnetz im „Fahrradland Deutschland“ Realität werden.“ (vgl. NRVP, S. 33).
„Der flächendeckende Bau von Bike-&-Ride-Anlagen an Bahnhöfen und Haltestellen ist die wichtigste Maßnahme zur Stärkung des Fahrrads als intermodales Verkehrsmittel. (NRVP, S. 41)
„Um die intermodale Kombination von Fahrrad und Zug im Sinne der Anwender und Anwenderinnen auszubauen und gleichzeitig einen Beitrag zu den Klimaschutzzielen des Bundes leisten zu können, muss die Fahrradabstellsituation dementsprechend auf drei Ebenen verbessert werden (vgl. Leitfaden "Fahr-Rad-zum-Zug“, S. 7):
- Die Anzahl der Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen muss im Vergleich zum Status Quo deutlich steigen.
- Die Kapazität der Abstellanlagen muss vor Ort bedarfsgerecht angepasst werden.
- Das Qualitätsniveau muss deutlich verbessert werden.
Zum Thema des intermodalen Verkehrs äußerte Bundesverkehrsminister Volker Wissing im Interview mit trans aktuell digital (Ausgabe 02-2023) auf die Frage:
"Der intermodale Verkehr ist jedoch komplex und viel komplizierter, als ein einziges durchgehendes Verkehrsmittel zu wählen. Wie schaffen Sie die Akzeptanz?
"Die Angebote müssen gut aufeinander abgestimmt sein. Dazu brauchen wir die Digitalisierung. Das Deutschlandticket wird ein digitales. Darauf habe ich von Anfang an Wert gelegt. Ich muss wissen, wie ich mit dem E-Bike zum Bahnhof komme und wie ich mir am Zielbahnhof zum Beispiel ein E-Auto vorbuchen kann. Der Weg in die Zukunft führt über abgestimmte Mobilitätsdienste. Das Angebot muss vernetzt sein, alle relevanten Akteure und Plattformen müssen miteinander kommunizieren."
Fahrrad-Monitor 2023 - Fahrrad und Öffentliche Verkehrsmittel: Eine Win-Win-Situation
Die Ergebnisse des „Fahrrad-Monitors 2023“ unterstreichen die zunehmende Bedeutung der Kombination von Fahrradnutzung und öffentlichen Verkehrsmitteln: Mehr als jeder fünfte Berufstätige fährt derzeit regelmäßig mit dem Fahrrad oder Pedelec zur Arbeit. Radfahrende, die das Rad selten oder nie zum Pendeln nutzen, nennen als häufigste Gründe, dass der Weg zu weit ist oder die Fahrt zu lange dauert. Die Kombination ist nicht nur umweltfreundlich, sondern erweitert gleichzeitig den Aktionsradius beider Verkehrsmittel (vgl. BMDV-Artikel zum Fahrrad-Monitor). Wie die Ergebnisse der Befragung zeigen, ist die Mitnahmemöglichkeit des Fahrrades für die Mehrheit der Befragten vor allem im Nah- und Regionalverkehr wichtig.
Förderung des Radverkehrs und des Öffentlichen Personen Nahverkehrs (ÖPNV)
(Autor: Robert Eltner, Bundesamt für Logistik und Mobilität, Referat F4 - Radverkehr)
Einen Schwerpunkt der Förderung des Bundes stellt die Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur im ländlichen- wie auch im Stadtnahen- bzw. im Stadtrandraum dar. Neben der Verbesserung der Netzplanung sowie der Radwege-Infrastruktur, steht die Verknüpfung des Radverkehrs mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund weist der NRVP 3.0 das Ziel der Errichtung und Entwicklung geschlossener Radverkehrsnetze aus.
Die Schwerpunktsetzung erfolgt nicht ohne Grund. So weist die im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr in Auftrag gegebene Studie Mobilität in Deutschland – MiD. Ergebnisbericht, (MID) aus, dass in Deutschland nach wie vor 43 Prozent aller Wege mit dem eigenen Pkw zurückgelegt werden. Bei der Nutzung nimmt weiterhin der Pendelverkehr einen hohen Stellenwert ein. Bemerkenswert dabei ist, dass die mittlere Pendeldistanz lediglich bei 16 km liegt. Bei 40 Prozent der erfassten Pendelfahrten liegt die zurückgelegte Entfernung sogar bei lediglich 5 km.(MiD 2017)
Bei der Betrachtung der Daten zur Aufteilung der Distanzen auf Verkehrsmittel beim Berufspendeln nach Raumstruktur ist dabei folgendes festzustellen: Während in städtisch geprägten Räumen bereits eine leichte Umkehr, d. h. eine verstärkte Nutzung anderer Verkehrsträger, wie ÖPNV oder das Fahrrad, zu verzeichnen ist, bleibt das Auto besonders im ländlich geprägten Raum das Verkehrsmittel Nummer eins (MiD Kurzreport Verkehrsaufkommen – Struktur – Trends).
Um für den Pendelverkehr ernsthafte Mobilitätsalternativen anbieten zu können, wäre ein weiterer Ausbau des ÖPNV sowie dessen Erreichbarkeit erstrebenswert. Dabei spielen Fahrradabstellanlagen eine besondere Rolle. Deren Bedarf ist enorm. Laut einer Studie der PTV Group (vgl. Fahrradparken an Bahnhöfen) ergibt sich in Deutschland ein Gesamtbedarf von 1,5 Mio. Fahrradstellplätzen. Erste Schritte zur Herstellung solcher Anlagen werden bereits von vielen Kommunen und Verkehrsverbünden durchgeführt. Die Ergebnisse der PTV Studie zeigen jedoch auf, dass sich z. T. erhebliche Hemmnisse bei der Planung und baulichen Umsetzung solcher Anlagen ergeben.
Förderprogramme des Bundes
(Autor: Robert Eltner, Bundesamt für Logistik und Mobilität, Referat F4 - Radverkehr)
Von Seiten des BMDV erfolgt eine aktive Unterstützung u. a. mittels der Förderprogramme zur „Förderung von nicht investiven Maßnahmen“, der „Investiven Modellvorhaben“ sowie über das Sonderprogramm "Stadt und Land“ (vgl. Themenseite Radverkehr, Bundesamt für Logistik und Mobilität). Seit März 2023 hinzugekommen ist zudem das Förderangebot für Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen. Aber auch die „Bike+Ride Offensive“ der DB Station& Service AG (Bike+Ride-Offensive, Deutsche Bahn), welche im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert wird, ist hier besonders hervor zu heben.
Nicht investive Maßnahmen
Die genannten Förderprogramme des Bundes setzen dabei unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte in der Förderung. So wird im Rahmen der „Förderung nicht investiver Maßnahmen“ u.a. die Einrichtung der „Vernetzungsstelle Bike-and-Ride“ (Vernetzungsstelle Bike-and-Ride im Land Brandenburg) beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) gefördert. Diese hat die aktive Unterstützung von Kommunen im Verbandsgebiet bei der Planung und der baulichen Umsetzung von Radabstellanlagen zum Ziel. Die Erfahrungen des VBB bei der Einrichtung der Vernetzungsstelle werden dokumentiert und sollen andere Verkehrsverbände in die Lage versetzen, gezielt vergleichbare Beratungsstellen einzurichten.
Auch mit dem Projekt „Fahr-Rad-zum-Zug", welches von der Allianz pro Schiene durchgeführt wurde, wurde untersucht, wie eine Verbesserung der Abstellsituation von Fahrrädern an Bahnhöfen erreicht werden kann. Hierfür kamen im Rahmen des Projektes Vertreter von Kommunen, Fahrrad- und Bahnverbänden sowie aus der Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. Die Ergebnisse wurden in einem vierteiligen Podcast zusammengefasst. Die Ergebnisse des Projektes wurden in den Handlungsempfehlungen „FahrRadzumZug“ zusammengefasst worden und können sowohl beim Mobilitätsforum Bund als auch, zusammen mit weiteren Informationen, bei der Allianz pro Schiene abgerufen werden.
Investive Modellvorhaben
Auch über das Förderprogramm der „investiven Modellvorhaben“ werden u.a. Projekte mit dem Ziel der Verknüpfung des ÖPNV mit anderen Verkehrsträgern gezielt gefördert. Im Fokus dieses Förderprogramms liegt die bauliche Umsetzung von Maßnahmen bzw. Projekten, die mit ihrem modellhaften Charakter eine Vorbildwirkung für andere Kommunen bilden und so zu einer Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur in Deutschland dienen sollen. Beispielhaft sei hier das Projekt eines vollautomatisches Doppelturm-Fahrradparkhaus in Osnabrück genannt. Im Rahmen des Förderprogramms können aber auch umfassendere Maßnahmen unterstützt werden. So fördert das BMDV am Bahnhof in Korntal-Münchingen die Umgestaltung des Bahnhofvorplatzes. Mit dieser Neuordnung des Bahnhofbereiches erfolgt eine Verknüpfung von nachhaltigen Mobilitätsformen.
Sonderprogramm "Stadt und Land"
Während das Förderprogramm der „investiven Modellvorhaben“ sich eher auf innovative Leuchtturmprojekte und damit auf ein eher eingegrenztes Förderumfeld konzentriert, können über das Sonderprogramm "Stadt und Land“ unkompliziert u. a. Radabstellanlagen und Fahrradparkhäuser gefördert werden. Hierbei steht nicht ein etwaiger Modellcharakter im Vordergrund, sondern vielmehr die Nutzerorientierte bauliche Umsetzung von Maßnahmen zur Stärkung der Radverkehrsinfrastruktur. Mit diesem Förderprogramm steht den Kommunen daher ein Instrument zur Verfügung, welches einen breiten Umfang an Maßnahmen zur Förderung zulässt.
Verkehrswende, Umwelt- und Klimaschutz Aspekte
Die Förderung von Radabstellanlagen und Fahrradparkhäusern stellt einen wichtigen Beitrag bei der anvisierten Verkehrswende dar. Bei der Betrachtung des Themas sollten dabei nicht nur die Umwelt- und Klimaschutz Aspekte berücksichtigt werden. Auch Aspekte hinsichtlich einer städtebaulichen Umgestaltung von Plätzen und Quartieren und damit die Umgestaltung des Stadtraums an die Bedürfnisse der Bewohner sind nicht außer Acht zu lassen. So nimmt eine Radabstellanlage z. B. nur 10 Prozent der Fläche eines Pkw Stellplatzes ein (Fraunhofer ISI, PTV, ifok (2021): a. a. O.).
Allein aus diesem Punkt heraus lässt sich bereits erkennen, welche Möglichkeiten sich in der Freiraumgestaltung ergeben können.
Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen
Der Bund hat großes Interesse an der Stärkung der intermodalen Schnittstelle von Fahrrad und Bahn / Bus und sieht im Ausbau von Fahrradparkhäusern und Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen einen besonderen Handlungs- und Erkenntnisbedarf.
Am 6.3.2023 ist daher der Förderaufruf für das neue Förderprogramm des BMDV gestartet. Insgesamt stehen in dem neuen Förderprogramm bis zum Jahr 2026 insgesamt 110 Millionen Euro bereit. Mit dem Aufruf unterstreicht das BMDV noch einmal das Ziel, den in der Studie „Fahrradparken an Bahnhöfen“ dargestellten Fehlbedarf an Fahrradabstellplätzen an ÖPNV Bahnhöfen und ÖPNV Knotenpunkten offensiv zu begegnen.
Gefördert wird die Planung und die bauliche Umsetzung von Fahrradparkhäusern und gesicherten Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen des Öffentlichen Personenverkehrs, deren bauliche Umsetzung bis 2026 abgeschlossen werden kann.
ÖPNV-Modellprojekte
Im Rahmen der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung spielt der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) eine wichtige Rolle. Die Bundesregierung unterstützt deshalb in Ergänzung weiterer Maßnahmen Modellprojekte im ÖPNV finanziell.
Auf den folgenden Seiten des BMDVs finden Sie Kurzdossiers zu den Modellprojekten zur Stärkung des ÖPNVs:
- ÖPNV-Modellprojekte des 1. Förderaufrufs
- ÖPNV-Modellprojekte des 2. Förderaufrufs
Weitere Informationen:
Auf unserer aktuellen Themenkarte finden Sie eine Auswahl an Projektbeispielen zu Intermodalität unter Berücksichtigung des ÖPNV in Deutschland.