Akzeptanz und Verkehrssicherheit des Radverkehrs im Mischverkehr auf Hauptverkehrsstraßen
Zuletzt aktualisiert 22.3.2023
Autor/in | Schüller, Hagen | Niestegge, Miriam | Hantschel, Sebastian | Kühn, Benjamin | Gerike, Regine | Huber, Stefan |
Herausgebende Institutionen | Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) |
Erscheinungsland | Deutschland |
Erscheinungsort | Bergisch-Gladbach |
Jahrgang | Februar 2023 |
Serie | Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe V: Verkehrstechnik (366) |
Seiten | 110 |
ISBN | 978-3-95606-717-4 |
ISSN | 0943-9331 |
Sprache | Deutsch |
Zusammenfassung
Die Untersuchung umfasste:
- eine makroskopische Unfallanalyse der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik
- einen Workshop mit Kommunalbefragung
- eine Analyse des Verkehrsaufkommens und der Einflussfaktoren auf die Akzeptanz in Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen
- Verhaltensanalysen mittels statischer und dynamischer Videobeobachtungen
- lokale Befragungen Radfahrender
- eine Pilotanalyse zur sicherheitsrelevanten Routenwahl
Aufgrund einer zu geringen Querschnittsbreite ist es nicht immer möglich, auf jeder Straße eine Radverkehrsanlage einzurichten – und doch werden diese Straßen von Radfahrenden genutzt. Für Straßen mit Mischverkehr ohne Schutzstreifen stellen sich daher die Fragen, welche objektive Sicherheit der Mischverkehr für den Radverkehr gewährleistet, wo verschiedene Mischverkehrsführungen umgesetzt und wie diese akzeptiert werden.
Straßen mit Mischverkehrsführung würden objektiv kein erhöhtes Unfallrisiko für Radfahrende gegenüber Straßen mit markierten Führungsformen aufweisen – es gäbe jedoch einen leichten Unterschied hinsichtlich der Unfallstruktur, schreibt die BASt. So wäre im Mischverkehr der Anteil an Unfällen mit linksabbiegenden Kfz, mit dem ruhenden Verkehr sowie im Längsverkehr erhöht. Nachteilig für die objektive Verkehrssicherheit zeigten sich außerdem Längsparkstände (insbesondere ohne ausreichende Sicherheitsabstände), Straßenbahnschienen auf der Fahrbahn sowie eine zu geringe Fahrbahnbreite in Kombination mit den beiden zuvor genannten Elementen. Gleichzeitig resultiere aus den zumeist schmaleren Querschnitten auf Straßen mit Mischverkehrsführungen eine geringere Kfz-Geschwindigkeit, die sowohl die objektive als auch subjektive Sicherheit der Radfahrenden wesentlich beeinflusse.
In Bezug auf die subjektive Sicherheit wird das Radfahren im Mischverkehr von einer Mehrheit der Radfahrenden als unsicher bewertet. Entsprechend würde oftmals auf andere Straßen mit Radverkehrsanlagen oder auf den Gehweg ausgewichen werden.
Die Akzeptanz von Mischverkehrsführungen stehe im Zusammenhang mit dem objektiven wie subjektiven Sicherheitsempfinden der Radfahrenden und werde somit signifikant durch die Verkehrsstärke beeinflusst. Strecken mit niedriger Kfz-Verkehrsstärke, geringem Schwerlastverkehr, hohem Radverkehrsanteil und geringer gewerblicher Nutzung im angrenzenden Seitenraum wiesen eine erhöhte Akzeptanz auf. Zu dieser trage darüber hinaus eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h bei.
Aus diesen Ergebnissen leiten die Autorinnen und Autoren folgende Empfehlungen ab: Da Unfälle mit ruhendem Verkehr die zentrale Unfallsituation für den Mischverkehr darstellen, sollten Hauptrouten des Radverkehrs langfristig außerhalb der Bereiche mit ruhendem Verkehr auf der Fahrbahn geführt werden. Kurzfristig könne die Sicherheit durch die Markierung von Sicherheitsräumen zwischen parkenden Fahrzeugen und den Fahrlinien des Radverkehrs erhöht werden. Um Dooring-Unfälle zu vermeiden, könnten außerdem beidseitige Längsparkplätze in wechselseitige Schrägparkplätze umgewandelt werden. Insgesamt sei eine Kombination enger Straßenräume mit Gleisen, parkenden Fahrzeugen und hohen Radverkehrsstärken zu vermeiden. In Bezug auf die Reduzierung von Einbiegen-/Kreuzen-Unfällen müsse darüber hinaus eine ausreichende Sichtweite an Knotenpunkten gewährleistet werden.
Insgesamt könne bereits eine Reihe (infrastruktureller) Maßnahmenansätze identifiziert werden, auf die Kommunen zur Führung des Radverkehrs im Mischverkehr zurückgreifen können. Die Vielfalt dieser verdeutlicht, dass es vielfältige Handlungsspielräume und Lösungsansätze aus der kommunalen Praxis gibt, um – auch unter Berücksichtigung lokaler Kontexte – die Akzeptanz und Sicherheit der Mischverkehrsführung zu fördern.