Förderung von posturaler Kontrolle, Beweglichkeit und Fitness bei älteren Radfahrerinnen und Radfahrern - Einfluss auf Verkehrsmittelwahl und Verkehrssicherheit
Training älterer RadfahrerInnen1.10.2012 - 1.4.2014
Sachsen
30.4.2015
Das Projekt "Training älterer Radfahrerinnen und Radfahrer - Förderung von posturaler Kontrolle, Beweglichkeit und Fitness bei älteren Radfahrerinnen und Radfahrern - Einfluss auf Verkehrsmittelwahl und Verkehrssicherheit" verfolgte die Aufgabe, ein spezifisches sportbezogenes Training zu entwickeln, durchzuführen und zu evaluieren, welches altersbedingten motorischen Einschränkungen, die zu Schwierigkeiten beim Radfahren führen, entgegenwirken und somit der Unfallprävention und Einflussnahme auf das Mobilitätsverhalten dienen sollte.
Der Unterschied zu bisher existierenden Trainingsangeboten, die ihren Fokus i.d.R. einzig auf richtiges Verhalten im Straßenverkehr richten, liegt hier darauf, dass durch ein motorisches Training zur Erhöhung der Radfahrkompetenz deutliche Effekte zur Minderung von Unfällen erreicht werden sollen. Die Erwartungen an das Training und dessen Effekte waren, dass sich Menschen unter Trainingseinfluss nicht nur beim Radfahren sicherer fühlen, sondern sich vor allem auch sicherer bewegen. Darüber hinaus ist angenommen worden, dass die trainierenden Radfahrerinnen und Radfahrer das Rad auch häufiger nutzen.
Im Projekt ist - vom Kooperationspartner Universität Leipzig, Institut für Gesundheitssport und Public Health, Arbeitsgruppe Prof. Dr. Petra Wagner - für Menschen ab 60 Jahren ein spezifisches (Sport-) Training entwickelt worden, um nicht nur die Aufrechterhaltung der Mobilität im Alltag mit dem Rad zu sichern, sondern auch um motorische Schwierigkeiten, die mit dem Alterungsprozess auftreten, zu beseitigen. Denn Unfälle haben in dieser Altersgruppe auf Grund der zunehmend körperlichen Einschränkungen schwerere Folgen. Typische Unfallursachen älterer Radfahrerinnen und Radfahrer sind das Abrutschen vom Pedal oder Stürzen beim Auf- und Absteigen sowie Gleichgewichtsprobleme aufgrund der Beschaffenheit von (Fahrbahn-) Oberflächen und das fehlende Umschauen beim Linksabbiegen.
Aufgrund des demografischen Wandels kommt dem Projekt und der Gruppe der "Älteren" eine besondere Bedeutung zu, die in Hinblick auf die Verkehrssicherheit und somit auf aktuelle und in Zukunft tragende Problemstellungen Bezug nimmt. Neben der Verkehrssicherheit umfasst die Studie einen weiteren, langfristig zu bewertenden Aspekt: Die Möglichkeit, dass Personen durch Gesunderhaltung und ebenjener Förderung der Gesundheit durch ein Training von Koordination, Reaktion, Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit länger über eine selbständige Mobilität mithilfe des kostengünstigen, umweltfreundlichen und wiederum der Gesunderhaltung dienenden Fahrrads verfügen können. Diese Möglichkeit der langfristigen und selbständigen Mobilität mit dem Fahrrad für ältere Menschen verfolgt und realisiert langfristig eine Erhöhung des Radverkehrsanteils.
Darüber hinaus sind weitere Ziele verfolgt worden:
- Einsetzen des Fahrrads als regelmäßiges Fortbewegungsmittel
- Verbessern der Sicherheit im Straßenverkehr
- Vermeidung von Unfällen.
Für die Studie wurden 324 Teilnehmende aus 14 kleineren und mittleren Städten Sachsens und Sachsen-Anhalts mittels einer Randomisierung jeweils einer Kontroll- und Interventionsgruppe zugeteilt. Die Interventionsgruppe nahm zwei Mal wöchentlich für jeweils 1 Stunde in einer Sporthalle an dem Training für ein halbes Jahr lang teil. Geschulte Trainerinnen und Trainer aus Sportvereinen sind gezielt auf die motorischen Herausforderungen des Radfahrens eingegangen und folgten den Trainingsvorgaben der Universität Leipzig nach vorangegangener Schulung und einem spezifisch entwickelten Manual. Der Kooperationspartner Universität Leipzig, Institut für Gesundheitssport und Public Health, erarbeitete das spezifische Trainingsprogramm für die Altersgruppe von Senioreninnen und Senioren ab 60 Jahren in Hinblick auf spezifische physische Anforderungen von Radfahrenden. Anhand von motorischen Tests untersuchten die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen der Universität Leipzig in drei aufeinanderfolgenden Testungen die Auswirkungen des Trainings auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Außerdem wurden Fragebogen zum Aktivitätsverhalten, zur Motivation sowie zur Gesundheit eingesetzt. Als Vergleich diente eine nicht trainierende Kontrollgruppe.
Der Fokus des Trainings lag auf den folgenden inhaltlichen Punkten:
- Koordinationsfähigkeit (Gleichgewichtsfähigkeit, Orientierungsfähigkeit)
- Reaktionsfähigkeit (inkl. Maßnahmen zur Sensibilisierung der Analysatorensysteme)
- Kraftausdauerfähigkeit und Reaktivkraft
- Ausdauerleistungsfähigkeit
Die TU Dresden, Professur für Diagnostik und Intervention, testete mittels eines standardisierten Fahrrad-Parcours (mit den 7 Stationen Slalomfahrt, Langsamfahrt, Links/Rechts absteigen, schmale Gasse, Links abbiegen, einhändig zu fahrende Acht, punktgenaues Bremsen) die Auswirkungen des Trainings auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Weiterhin führten die Probandeninnen und Probanden jeweils zweimal 14 Tage lang Mobilitätstagebücher und erstellten eine Mobilitätsbiografie. Hier sollten das Verkehrsverhalten im Allgemeinen, die Verkehrsmittelwahl, die Fahrleistung (km) sowie die Unfall-/Beinahe-Unfallhäufigkeit erfasst werden. Im Rahmen der drei Erhebungsphasen wurden jeweils Fragebögen zu Unfällen, Gesundheitsbeschwerden, erlebten Schwierigkeiten im Verkehr, Bedeutung des Radfahrens im Alterungsprozess, dem eigenen genutzten Fahrrad sowie Zwecke des Radfahrens erhoben.
Insgesamt wurden alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer während drei Erhebungsphasen (Januar/Februar, Juli/August, Oktober 2013) getestet.
Warum handelt es sich um ein innovatives und nachahmenswertes Beispiel?
Mit dem Bild des aktiven älteren Menschen können andere ältere Menschen in ihrer alltäglichen Mobilität mit dem Fahrrad bestätigt werden.
Die gewonnenen Ergebnisse werden mit den folgenden Schwerpunkten wesentlich genutzt:
- Wissenschaftliche Nutzung: Die Ergebnisse bilden wissenschaftliche Erkenntnisse ab und werden für die Veröffentlichung von Artikeln genutzt. Zudem fließen die Ergebnisse in die Unfallforschung - spezifisch mit dem Blickwinkel auf ältere Radfahrerinnen und Radfahrer - ein. Die Studie/Ergebnisse wurden/werden auf Konferenzen präsentiert, um in Deutschland und international im wissenschaftlichen Dialog mitzuwirken, was Radverkehr und Radverkehrssicherheit anbelangt.
- Nutzung in der Praxis: Die breitenwirksame Anwendung des Trainings ließe sich in Kombination mit praktischen Anwendungen auf dem Rad und einer Radverkehrsschulung über Sportvereine und Volkshochschulen realisieren.
- Beabsichtigt ist, das Trainingsprogramm sinnvollerweise um eine praktische, regelmäßige und direkte Anwendung auf dem Fahrrad sowie eine Verkehrsschulung zu erweitern. Die Kombination dieser Elemente würde vermutlich eine maximale kognitive wie physiologische Einflussnahme auf das Verkehrsverhalten und damit die Unfallprävention erfüllen.
Finanzierung
Finanzierung
Bundesmittel
Erläuterungen
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (ehemals Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung - BMVBS) im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans gefördert.
Evaluation
Ja. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie haben Fragebögen erhalten sowie die Ergebnisse der Parcoursauswertung der Evaluation dienten. Weiterhin erfüllte das Projekt die folgenden Zielvorgaben:
- Die Entwicklung, Durchführung und Evaluation des Trainings durch das Instrument des Parcours.
- Erhebungen und Auswertungen von Fragebögen, Wegetagebuch, Mobilitätsbiografie und Fahrleistung (Fahrradcomputer).
Projektträger & Beteiligte
Projektdurchführende Institutionen
Unternehmen, Universität, Verband, Verein, Private
Projektleitung
- Technische Universität Dresden, Psychologie II, Professur Diagnostik und Intervention
- Universität Leipzig, Institut für Gesundheitssport und Public Health
Laufzeit
Dauermaßnahme
Nein
Öffentlichkeitsarbeit & Dokumentation
Projektbeteiligte
Abschlussbericht: Training älterer Radfahreinnen und Radfahrer. Dresden, Oktober 2014
Ansprechpartner auf Projektebene
Prof. Dr. Carmen Hagemeister
Technische Universität Dresden
Psychologie II, Professur Diagnostik und Intervention
Zellescher Weg 17, BZW A 331
01069 Dresden
+49 (0)351 463-36994
Carmen.Hagemeister@tu-dresden.de
Ansprechpartner auf Projektebene
Prof. Dr. Petra Wagner
Universität Leipzig
Institut für Gesundheitssport und Public Health
Jahnallee 59
04109 Leipzig
+49 (0) 341 97-31650
Erscheinungsdatum: 30.4.2014
Autor: Prof. Dr. Carmen Hagemeister, Technische Universität Dresden; Prof. Dr. Petra Wagner, Universität Leipzig