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Erarbeitung eines Leitfadens für Kommunen

Evaluation im Radverkehr
Projektzeitraum

1.7.2016 - 31.5.2021

Land

Bund bzw. bundesweit

Stand der Information

13.1.2022

Logo "Modellvorhaben Nicht-Investiv" der Logofamilie Radverkehr des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Die Farbe des Logos ist lila. Neben dem Schriftzug deutet ein Kreis mit sich überlagernden Elementen ein Rad mit Speichen an.

Es wurde ein Praxishandbuch für die Evaluierung von Radverkehrsmaßnahmen erstellt. Neben einer Anleitung zur Erstellung eines Evaluationskonzepts stellt das Handbuch unter anderem Erhebungsmethoden im Radverkehr vor und veranschaulicht die Anwendung an Beispielen.

Fahrrad vor Radabstellplätzen

Projektidee und -ziele

Generell wurden Wirkungsevaluationen im Verkehrsbereich in den letzten Jahren wichtiger. Die Ermittlung der Wirkungen von Maßnahmen im Radverkehr stellt aber weiterhin eine Herausforderung dar. Das liegt unter anderem an den großen Schwankungen in der Fahrradnutzung. Weiterhin wirken viele Maßnahmen eher lokal.

Ziel des Projekts RADeval war es vor diesem Hintergrund, Radverkehrsplanenden und kommunalen Radverkehrsbeauftragten das notwendige Wissen für die Durchführung eigener Wirkungsevaluierungen zur Verfügung zu stellen. Im Projekt sollten deshalb einerseits ausgewählte Pilotkommunen bei der Umsetzung eigener Evaluierungsvorhaben begleitet werden. Außerdem sollte ein radverkehrsspezifisches Praxishandbuch für die Evaluierung entwickelt werden. Dieses gibt Kommunen praktische Hilfestellungen bei der Überprüfung ihrer eigenen Maßnahmen an die Hand.

Projektdurchführung

Das Forschungsprojekt RADeval wurde in vier Arbeitspaketen an der Professur für Verkehrsökologie bearbeitet. In Arbeitspaket 1 wurde eine Online-Befragung kommunaler Radverkehrsbeauftragter durchgeführt. Ziel war die Erhebung des Erfahrungsstands und der Bedürfnisse von Kommunen in Bezug auf die Evaluierung von Radverkehrsmaßnahmen. Die Ergebnisse der Befragung flossen in die Auswahl der Inhalte für das Praxishandbuch ein.

Vier Personen im Interview bei sonnigem Wetter in der Umgebung eines Universitätscampus. Zwei Personen sind mit dem Rad unterwegs und werden befragt. Umsetzung einer Radverkehrsbefragung im Projekt RADeval
Radverkehrsbefragung im Projekt RADeval

Im zweiten Arbeitspaket erfolgte eine Recherche und Aufbereitung von Fallbeispielen für die Evaluierung von Radverkehrsmaßnahmen. Besonders geeignete Fallbeispiele wurden so aufbereitet, dass sie direkt als Best-Practice-Beispiel in das Praxishandbuch aufgenommen werden konnten. Außerdem wurden die Fallbeispiele genutzt, um Erkenntnisse zu den typischerweise evaluierten Zielsetzungen von Radverkehrsmaßnahmen und zu den jeweiligen Evaluierungskonzepten und Erhebungsverfahren zu sammeln.

Im Arbeitspaket 3 wurden ausgewählte Pilotkommunen bei der Evaluierung eigener Radverkehrsmaßnahmen begleitet. Ziel war es, einen vertieften Einblick in die in Kommunalverwaltungen verfügbaren Ressourcen zur Durchführung von Evaluierungen zu erhalten. Außerdem konnten die im Arbeitspaket 2 erarbeiteten Erkenntnisse zu geeigneten Evaluierungszielen und Erhebungsverfahren einem Praxistest unterzogen werden. Der im Arbeitspaket 1 bis 3 erarbeitete Wissensstand wurde abschließend im Arbeitspaket 4 in Form eines Praxishandbuchs zusammengefasst.

Projektergebnisse

Die Befragung aus AP1 zeigte, dass Kommunen prinzipiell stark am Thema Evaluierung von Radverkehrsmaßnahmen interessiert sind und sich künftig stärker in dieser Beziehung engagieren möchten. Da in den Kommunen noch wenig Evaluierungserfahrung vorhanden ist, sollte der Leitfaden eine allgemeine Einführung in die Thematik enthalten. Die Anmerkungen zu den gewünschten Leitfadeninhalten zeigten allerdings auch, dass Kommunen auch konkrete Empfehlungen zu geeigneten Erhebungs- und Messmethoden benötigen.

Die Auswertung der Fallbeispiele in AP2 zeigte, dass Veränderungen im lokalen Verkehrsablauf über alle räumlich konkreten Maßnahmen hinweg gut evaluierbar sind. Mithilfe von Befragungen können auch Informationen zur individuellen Wahrnehmung und zur Nutzerakzeptanz erhoben werden. Der Nachweis von Bündelungseffekten durch sichere, komfortable und schnelle Radverkehrsanlagen ist mithilfe von Zählungen des Radverkehrsaufkommens möglich. In vielen Fallbeispielen basierten entsprechende Aussagen allerdings auf einer als unzureichend einzuschätzenden Datenbasis (z. B. nur wenige Zählstunden vor und nach Maßnahmenumsetzung).

Der Nachweis von individuellen Verhaltensänderungen, insbesondere bei der Verkehrsmittelwahl, ist für alle untersuchten Maßnahmetypen schwierig. Hierfür sind vor allem zwei Ursachen entscheidend: die untersuchten Maßnahmen waren zwar innerhalb des Maßnahmenspektrums der Radverkehrsförderung große Maßnahmen, nicht destotrotz handelt es sich überwiegend um lokale Einzelmaßnahmen mit begrenztem Wirkungsraum. Gleichzeitig ist der Radverkehrsanteil am Modal Split in vielen Kommunen immer noch vergleichsweise gering, so dass große Stichprobenumfänge benötigt werden, um Veränderungen in der Anzahl der Fahrradwege statistisch signifikant nachzuweisen.

Titelbild des Praxishandbuchs "Evaluierung im Radverkehr" der TU Dresden mit entsprechendem Schriftzug. Zu sehen ist zudem eine Radfahrerin im Vordergrund und das Elbpanorama der historischen Altstadt Dresdens im Hintergrund. Titelbild Praxishandbuch "Evaluierung im Radverkehr"
Praxishandbuch "Evaluierung im Radverkehr"

Die Begleitung ausgewählter Evaluierungsvorhaben und Datenerhebungen in AP3 ermöglichte einen vertieften Einblick in die innerhalb von Kommunalverwaltungen vorhandenen Wissensbedürfnisse, Ressourcen und Restriktionen. Das Projekt RADeval kooperierte mit fünf Pilotkommunen, welche im Projektzeitraum radverkehrsbezogene Evaluierungen und Datenerhebungen planten. Die jeweils durchgeführten Erhebungen und deren Ergebnisse wurden in Evaluierungsberichten zusammengefasst. Diese sind im Anhang des Schlussberichts zu finden.
Insgesamt wurden in den Pilotevaluierungen überwiegend Fragestellungen bearbeitet, die sich auf den lokalen Verkehrsablauf vor Ort und die Maßnahmenakzeptanz bezogen. In Bezug auf die Umsetzbarkeit üblicher Erhebungsverfahren (Befragungen, Zählungen, Verkehrsbeobachtungen) durch die Kommunen wurden folgende Erfahrungen gesammelt:

  • Zählungen und einfache Verkehrsbeobachtungen können durch Kommunalverwaltungen unproblematisch selbstständig umgesetzt werden, die größte Schwierigkeit hierbei ist sicherlich die häufig fehlende Verfügbarkeit der personellen und finanziellen Ressourcen.
  • Mit der Durchführung anderer Erhebungsverfahren hatten die Kommunen vor der Zusammenarbeit wenig Erfahrung. Die Durchführung von Befragungen oder videobasierten Verkehrsbeobachtungen gehört nicht zum Standardaufgabenfeld von Radverkehrsplanenden in Kommunen. Ihre Umsetzbarkeit hängt häufig vom persönlichen Engagement der Beteiligten ab.
  • Eine externe Vergabe von Erhebungen kann dazu beitragen, eine durchgängig hohe Erhebungsqualität sicherzustellen. Radverkehrsplanende benötigen allerdings auch bei externer Vergabe Wissen zu den jeweiligen Erhebungsmethoden, um deren Durchführung zu begleiten. Sie sollten außerdem die technischen Möglichkeiten und notwendigen Kenntnisse haben, um eigene Auswertungen der (anonymisierten) Rohdaten durchzuführen, z. B. zur Qualitätssicherung und für Zusatzauswertungen.
  • Insgesamt waren alle durchgeführten Evaluierungen nicht von vornherein bei der Maßnahmenentwicklung eingeplant und finanziell berücksichtigt. Dies begrenzte die für die Evaluierung nutzbaren Ressourcen stark und führte dazu, dass auch auf einzelne Erhebungen verzichtet wurde, die sicherlich noch wertvolle Erkenntnisse gebracht hätten. Die Bereitstellung ausreichender finanzieller und personeller Mittel ist damit eine zentrale Voraussetzung für erfolgreiche Evaluierungen.

In Bezug auf die Eignung der einzelnen Erhebungsmethoden zur Beantwortung der Evaluierungsfragen wurden folgende Erfahrungen gesammelt:

  • Zählungen: die im Normalfall durch die Kommunen durchgeführten Zählungen mit einem Umfang von nur wenigen Stunden bis maximal einem Tag sind nicht ausreichend, um verlässliche Zahlen für Vorher-Nachher-Vergleiche von Infrastrukturmaßnahmen im Kontext einer Wirkungsevaluierung zu generieren. Benötigt werden Zähldaten über deutlich längere Zeiträume und für die Beobachtung der Gesamtentwicklung in einer Kommune ein strategisches Netz an Zählstellen.
  • Beobachtungen: die bei Verkehrsbeobachtungen erhobenen Daten waren gut geeignet, die Häufigkeit und damit Relevanz interessierender Verhaltensweisen und Merkmale aufzunehmen. Auch die Gewinnung hinreichend großer Stichprobe für die Gewinnung statistisch aussagekräftiger Ergebnisse ist in der Regel einfacher als z. B. bei Befragungen.
  • Befragungen: Radfahrende sind häufig daran interessiert, zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur beizutragen. Trotzdem ist die Ansprache von Radfahrenden naturgemäß schwieriger als beispielsweise von Zu-Fuß-Gehenden. Bei den im Projekt durchgeführten Befragungen konnten pro Befragungsstunde zwischen 3-10 Radfahrenden befragt werden.
  • Stichprobenumfänge: bei allen Erhebungen ist die Gewinnung einer hinreichend großen Stichprobe entscheidend für den Erfolg. In Kommunen mit geringem Radverkehrsanteil ist es besonders schwierig, ausreichend große Stichprobenumfänge zu erreichen. Dies gilt sowohl für Befragungen als auch für Verkehrsbeobachtungen. In einem Fall konnten beispielsweise bei einer Verkehrsbeobachtung über einen Tag hinweg nicht genug Radfahrende beobachtet werden, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.

Das in AP4 entwickelte Praxishandbuch greift die in AP1 bis AP3 erarbeiteten Erkenntnisse auf. Es liefert kommunalen Planerinnen und Planern sowie der interessierten Öffentlichkeit anwendungsfreundliche und niedrigschwellige Hilfestellungen für die Evaluierung von Radverkehrsprojekten. Neben einer Anleitung zur Erstellung eines Evaluationskonzepts werden im Handbuch Erhebungsmethoden im Radverkehr vorgestellt. Fallbeispiele durchgeführter Evaluierungen ergänzen die Erläuterungen im „Theorieteil“.

Die TU Dresden stellt das Praxishandbuch kostenfrei zum Download zur Verfügung.

Innovationscharakter des Projekts

Warum handelt es sich um ein innovatives und nachahmenswertes Beispiel?

Das Praxishandbuch erleichtert den Einstieg in die Evaluierung von Radverkehrsmaßnahmen. Dies kann mittelfristig die Anzahl der evaluierten Projekte erhöhen. Insgesamt steigt damit die Wissensbasis bezüglich der Wirkungen von Maßnahmen im Radverkehr. Dieses Wissen kann in zukünftige Projekte einfließen und die Effektivität der kommunalen Radverkehrsförderung erhöhen.

Finanzierung

Finanzierung

Bundesmittel

Gesamtvolumen

115.369 Euro

Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) gefördert. Förderzeitraum war der 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2018.

Projektträger & Beteiligte

Projektdurchführende Institutionen

Unternehmen, Universität, Verband, Verein, Private

Projektleitung

TU Dresden, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr, Professur für Verkehrsökologie

Laufzeit

Dauermaßnahme

Nein

Öffentlichkeitsarbeit & Dokumentation

Ansprechpartnerin auf Projektebene

Julia Gerlach

TU Dresden, Professur für Verkehrsökologie

Hettnerstr. 1

01069 Dresden

0049 / (0)351 - 463 36561

https://tu-dresden.de/bu/verkehr/ivs/voeko

Erscheinungsdatum: 2.9.2016

Autor: Julia Gerlach (TU Dresden, Professur für Verkehrsökologie)