RASCH - RAdSCHnellwege: Gestaltung effizienter und sicherer Infrastruktur
Schnell zum Ziel auf dem Radweg von morgen1.7.2017 - 1.8.2019
Bayern
12.9.2017
Ausgangssituation, Projektidee und -ziele
In Zukunft ist mit einem weiter steigenden Anteil von Radfahrern am Verkehrsaufkommen zu rechnen. So ergab die jüngste Erhebung im Rahmen von Mobilität in Deutschland (MiD) eine Steigerung der Anzahl der mit dem Rad zurückgelegten Wege um 17 Prozent von 2002 bis 2008. Weiterhin prognostiziert der nationale Radverkehrsplan 2020 (NRVP) eine mögliche Steigerung des Radverkehrs von 11 Prozent im Jahr 2013 auf 16 Prozent im Jahr 2020 in Bezug auf die Anzahl der Wege im städtischen Umfeld. Im Sinne einer nachhaltigen und gesundheitsfördernden Mobilität ist diese Entwicklung zu begrüßen und soll durch eine Steigerung der Attraktivität des Radverkehrs weiter gefördert werden. Gleichzeitig steigen aber auch die Unfallzahlen mit Radfahrern. Trotz des deutlich geringeren Anteils an Personenkilometern gegenüber dem motorisierten Verkehr waren 11,7 Prozent der in 2014 getöteten Personen im Straßenverkehr Radfahrer. Dies entspricht einer Steigerung von 11,9 Prozent gegenüber dem Jahr 2013. Ein Großteil der Unfälle ereignet sich dabei laut einer Studie der Unfallforschung der Versicherer innerorts und hiervon wiederum 47 Prozent an Knotenpunkten.
Radschnellwege bieten großes Potenzial zur direkten und sicheren Führung des Radverkehrs über längere Distanzen. Im Arbeitspapier „Einsatz und Gestaltung von Radschnellverbindungen“ der FGSV werden Radschnellwege, die auch Radschnellverbindungen genannt werden, wie folgt definiert:
„Radschnellverbindungen (RSV) sind Verbindungen im Radverkehrsnetz einer Kommune oder einer Stadt-Umland-Region, die wichtige Quell- und Zielbereiche mit entsprechend hohen Potenzialen über größere Entfernungen verknüpfen und durchgängig ein sicheres und attraktives Befahren mit hohen Reisegeschwindigkeiten ermöglichen.“
Ziel des Vorhabens RASCH ist es, die verkehrlichen Eigenschaften von Radverkehrsströmen auf Radschnellwegen und an den Schnittstellen zwischen Radschnellwegen und dem übrigen Straßen- und Radverkehrsnetz zu analysieren. Dabei soll insbesondere der Einfluss der heterogenen Zusammensetzung des Radverkehrs auf den Verkehrsablauf untersucht und berücksichtigt werden. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse werden Verkehrssteuerungsmaßnahmen und intelligente Verkehrssysteme (IVS) zum Einsatz an Knotenpunkten von Radschnellwegen vorgestellt und mithilfe eines Simulationslabors erprobt und bewertet. Dabei wird insbesondere die Qualität des Verkehrsablaufs für den Radverkehr berücksichtigt, um die Attraktivität des Radfahrens bewerten zu können. Über geeignete Ersatzkennwerte erfolgt aber auch eine Untersuchung unter Aspekten der Verkehrssicherheit.
Projektdurchführung
RASCH beginnt mit umfangreichen vorbereitenden Maßnahmen. Zunächst wird eine Grundlagenanalyse durchgeführt, welche eine Literaturrecherche zum Stand der Technik und der Wissenschaft beinhaltet sowie eine Ableitung möglicher Zukunftsszenarien zur Zusammensetzung des Radverkehrs erstellt. Anschließend erfolgt die Vorbereitung der Simulationsstudien, welche der Analyse des Radverkehrsablaufs auf Radschnellwegen dienen. Zu dieser Vorbereitung zählt der technische Ausbau des Fahrradsimulators unter Berücksichtigung der zu beantworten Fragestellung, die Abbildung des Pilotradschnellwegs in München in der mikroskopischen Verkehrsflusssimulation und einer Erweiterung dieser Simulation um dreidimensionale Elemente wie Gebäude, Bäume, um die Immersion der Probanden zu steigern. Die Vorbereitungsphase schließt mit der Ermittlung von Untersuchungsszenarien anhand der in der Literaturrecherche gewonnenen Erkenntnisse.
Anschließend werden die Untersuchungen im Simulationslabor organisiert und durchgeführt. Im Rahmen einer Probandenstudie wird mithilfe des Fahrradsimulators das Verhalten der Radfahrer untersucht. Das Augenmerk liegt hierbei insbesondere auf der Interaktion mit den umliegenden Verkehrsteilnehmern und Infrastrukturelementen. Komplementär dazu wird eine ausführliche Erforschung der zu Beginn von RASCH ermittelten Zukunftsszenarien und Steuerungskonzepte mittels mikroskopischer Verkehrssimulation durchgeführt.
Die mittels Fahrradsimulator und Verkehrsflusssimulation gewonnenen Daten werden schließlich analysiert und statistisch ausgewertet. Zunächst werden die verkehrlichen und sicherheitsbezogenen Indikatoren zur Quantifizierung des Radverkehrsflusses auf Radschnellwegen analysiert und zusammengestellt. Die im Projekt untersuchten Verkehrssteuerungsmaßnahmen werden ebenfalls evaluiert und in Hinblick auf die Zielerreichung analysiert.
Anschließend werden die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse aufbereitet und zusammengefasst. Die Untersuchungsergebnisse bezüglich des Radverkehrsflusses auf Radschnellwegen, der Signalisierung und der Beschilderung an Schnittstellen zwischen Radschnellwegen und dem Straßennetz werden hierzu in einem öffentlich zugänglichen Leitfaden festgehalten. Darüber hinaus werden die gesammelten technischen und experimentellen Erfahrungen mit dem Fahrradsimulator in Form eines Erfahrungsberichts präsentiert. So können Empfehlung zum Einsatzspektrum eines solches Aufbaus für andere Anwendungsfälle und Kommunen gegeben werden.
Warum handelt es sich um ein innovatives und nachahmenswertes Beispiel?
Radschnellwege können dazu beitragen, den Radverkehr in Ballungsräumen attraktiver und sicherer zu gestalten. Infolgedessen kann ein Modal-Shift erzielt werden und aus diesem Grund etabliert sich dieses Konzept derzeit in deutschen Kommunen. Mit Hilfe dieses Projekts sollen zum einen die Wirkungen von Radschnellwegen quantifiziert werden und es soll speziell darauf eingegangen werden, welche Verkehrssteuerungsmaßnahmen den Zielerreichungsgrad verbessern können. Weiterhin soll in RASCH der Versuch unternommen werden, einen Fahrradsimulator als Untersuchungsmittel zu etablieren. Sollte dies erfolgreich gelingen, kann dieses Instrument auf vielfältige Einsatzbereiche und Kommunen übertragen werden.
Projektergebnis
Das Projektteam hat das Projektergebnis in einer Studie zusammengefasst.
Finanzierung
Finanzierung
Bundesmittel, Private Mittel (ohne Sponsoring und Spenden)
Gesamtvolumen
192.536 Euro
Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020.
Evaluation
Ja. Die in RASCH getätigten Entwicklungen und eingeführten Maßnahmen werden umfangreich evaluiert. In Übereinstimmung mit dem Anwendungshandbuch „Evaluation zählt“ des Umweltbundesamtes wird dabei eine kontinuierliche Prozessevaluierung mit einer Wirkungsevaluierung verbunden. Die jeweiligen Konzepte werden im Folgenden näher erläutert.
Da der Fahrradsimulator als Untersuchungswerkzeug zur Wirkungsermittlung des Radschnellweges in verschiedenen Verkehrs- und Steuerungsszenarien dient, wird dieser im Rahmen der Prozessevaluierung kontinuierlich überprüft. Hierzu wird während der frühen Entwicklungsphasen insbesondere dokumentiert, welche Vorkehrungen zur Einhaltung der Echtzeitfähigkeit und zur Erstellung einer realistischen 3D-Umgebung getroffen werden müssen. Beides sind wichtige Faktoren zur Sicherstellung der Immersion der Probanden. Sobald erste Untersuchungen in der erstellten 3D-Umgebung möglich sind, wird eine Vorabvalidierung des Simulators vorgenommen, in der die Immersion anhand eines Vergleichs maßgeblicher Kennwerte mit Realdaten und einer Probandenbefragung bezüglich der Erlebnisse und etwaiger Simulatorkrankheit bewertet wird. Auch während der anschließenden Versuchsdurchführung wird die Leistungsfähigkeit des Simulators kontinuierlich ausgewertet, um gegebenenfalls an geeigneten Komponenten Nacharbeiten vorzunehmen.
Zur Wirkungsevaluierung werden die mit der Simulation erhobenen Daten statistisch ausgewertet, um die untersuchten Maßnahmen mit dem Basisszenario zu vergleichen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Erforschung des Radverkehrs unter Berücksichtigung unterschiedlicher Zusammensetzungen. Aus diesem Grund werden verschiedene Effizienzindikatoren und Sicherheitsindikatoren für den Radverkehr erhoben. So können die Eigenschaften des Radverkehrs auf Radschnellwegen in Verbindung mit unterschiedlichen Steuerungsmaßnahmen bewertet werden. Da eine Veränderung der Steuerung an den Schnittstellen zum übrigen Straßennetz auch Auswirkungen auf die anderen Verkehrsteilnehmer erwarten lässt, werden die knotenpunktrelevanten Effizienzgrößen Anzahl der Halte und Wartezeit für alle beteiligten Verkehrsmodi, also den Radverkehr, Fußgängerverkehr, motorisierten Individualverkehr und den öffentlichen Verkehr erhoben. Somit lassen sich im Rahmen der Evaluierung auch Aussagen bezüglich der Wirkungen der Radverkehrsmaßnahmen auf andere Verkehrsteilnehmer treffen. Neben der Evaluierung der Wirkungen für die einzelnen Verkehrsteilnehmergruppen werden die Indikatoren auch dazu genutzt, um Aussagen über die gegenseitige Beeinflussung von Radfahrern und anderen Verkehrsteilnehmern zu treffen.
Um die Ergebnisse verbreiten zu können, wird die Evaluierung mit der Erstellung zweier Dokumente abgeschlossen. Zum einen wird ein Leitfaden zur Einrichtung von Verkehrssteuerungsmaßnahmen an Radschnellwegen erstellt, der die Ergebnisse bezüglich der Wirkungen auf den Radverkehr und den übrigen Verkehr zusammenfasst. Der Leitfaden umfasst damit die Ergebnisse der Wirkungsevaluierung. Zum anderen werden die Erfahrungen, die während des Aufbaus des Fahrradsimulators gesammelt wurden, beschrieben. Dieses Wissensdokument entsteht auf Basis der Prozessevaluierung und dient dazu, ein öffentlich verfügbares Dokument zu diesem neuartigen Untersuchungsinstrument zu schaffen.
Projektträger & Beteiligte
Projektdurchführende Institutionen
Unternehmen, Universität, Verband, Verein, Private
Projektleitung
- Lehrstuhl für Verkehrstechnik der Technische Universität München
- TESIS DYNAware Technische Simulation Dynamischer Systeme GmbH
Laufzeit
Dauermaßnahme
Nein
Ansprechpartner auf Projektebene
Jakob Kaths
Technische Universität München
Arcisstraße 21
80333 München
+49 89 289 25896
Ansprechparnter auf Projektebene
Maximilian Chucholowski
TESIS DYNAware Technische Simulation Dynamischer Systeme GmbH
Baierbrunner Str. 15
81379 München
+49 89 747377 7444
Erscheinungsdatum: 27.9.2017
Autor: Jakob Kaths, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Verkehrstechnik der Technischen Universität München