RadSim
Radverkehrssimulation zur Verbesserung der kommunalen Radverkehrsplanung1.5.2023 - 30.4.2026
Sachsen
9.8.2023
Ausgangssituation
Die Förderung des Radverkehrs ist ein wesentlicher Bestandteil auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Verkehrssystem. Für eine zielgerichtete Förderung müssen Städte jedoch wissen, wie sich der Ausbau von Radverkehrsanlagen auf die Nachfrage auswirkt. Die aktuelle Nachfrage lässt sich z.B. über Zähldaten oder GPS-Routendaten ermitteln. Zur Beantwortung der Frage, ob eine geplante Infrastruktur von Radfahrenden angenommen wird und wie sich die Radverkehrsströme durch die Umsetzung einer Maßnahme im Stadtgebiet verändern, sind diese Daten jedoch nicht geeignet.
Aktuell werden dazu komplexe Verkehrsnachfragemodelle und -software (z.B. VISUM oder MATSim) genutzt, die viel Know-how erfordern und Kapazitäten binden, über die vor allem viele kleine deutsche Kommunen nicht verfügen. Allerdings basieren die in der jeweiligen Software angewandten Routenwahlmodelle auf Annahmen oder stellen grobe Vereinfachungen dar, welche die Routenwahlentscheidung von Radfahrenden nicht realistisch abbilden. Andere Werkzeuge, deren Fokus explizit auf dem Radverkehr liegt (z.B. BikePRINT oder BikeAnalytics) führen ebenfalls keine realistische Simulation des Radverkehrs durch, sondern vergleichen lediglich die kürzesten Wege mit den realisierten Fahrten. Mit derartigen Methoden lassen sich jedoch keine quantitativ belastbaren Auswirkungen von Maßnahmen bestimmen.
Zur Lösung dieses Problems haben die TU Dresden gemeinsam mit der Cyface GmbH in der vom mFUND geförderten Machbarkeitsstudie bikeSim die Potenziale der Nutzung von GPS-Daten und Open Data (OpenStreetMap, SRTM, etc.) untersucht. Es entstand das erste Routenwahlmodell auf Basis von GPS-Routendaten und offenen Kartendaten zum Radverkehr in Deutschland.
Das resultierende Modell wurde in die prototypische Web-Anwendung bikeSim integriert und für die Simulation des Radverkehrs in der Pilotkommune Dresden genutzt. Damit wurde die Möglichkeit einer Modellschätzung sowie Simulation auf Basis von GPS-Daten und offenen Kartendaten nachgewiesen. Im Projekt bikeSim wurden damit grundsätzliche Fragen zur Nutzbarkeit offener Daten und GPS-Daten für die Verkehrssimulation sowie zur performanten Umsetzung der Simulation in einer Web-Anwendung beantwortet.
Projektziele
Die Ergebnisse der bikeSim-Studie warfen jedoch neue Fragen auf, wie bspw. zur bundesweiten Übertragbarkeit und Generalisierbarkeit der Routenwahl, der Nutzung von KI-Methoden oder der Integration weiterer Daten zur Abbildung zusätzlicher Einflussfaktoren. Zahlreiche Gespräche mit kommunalen Akteuren ergaben zudem weitere Anforderungen bzgl. der Nutzung der Simulation z.B. für die Planung von Radschnellwegen, Wegeleitung usw.
Aufbauend auf den Ergebnissen aus bikeSim besteht das Kernziel des Vorhabens RadSim darin, die Routenwahl Radfahrender in unterschiedlichen deutschen Städten zu untersuchen und zu vergleichen sowie zu analysieren, inwiefern ein generalisierbares Verhalten der Radfahrenden in Deutschland existiert oder ob es kommunen-spezifische Unterschiede gibt. Die resultierenden Modelle sollen in die bereits bestehende Web-Anwendung implementiert und Kommunen bundesweit zugänglich gemacht werden, damit diese Radverkehrssimulationen durchführen können.
Die Anwendung ermöglicht den Kommunen, Prognosen für die Nutzung von Radverkehrsanlagen im kommunalen Verkehrsnetz zu erstellen und kann sie damit bei einer effizienten Infrastrukturplanung und einer effektiven Förderung des Radverkehrs unterstützen. Dies wird sie in die Lage versetzen, Maßnahmen und Mitteleinsatz zu priorisieren und den Radverkehr effektiver zu fördern.
Projektdurchführung
Die für die Projektdurchführung notwendigen Arbeiten werden in unterschiedlichen Schritten erbracht.
In einem ersten Schritt wird das Projektteam den aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik aufbereiten. Dazu werden aktuelle Methoden zur Simulation recherchiert, verglichen und evaluiert. Aufbauend auf den Erfahrungen aus bikeSim werden zu Beginn des Projekts zudem die kommunalen Bedürfnisse bzw. Anforderungen an Daten, Funktionalitäten, Simulation und Web-Anwendung ermittelt. Dazu werden drei interaktive Workshops (WS) mit den Vertreterinnen und Vertretern der Pilotkommunen durchgeführt.
Für die Sicherstellung korrekter Analyseergebnisse und die Durchführung realistischer Simulationen sind Daten zum Verkehrsnetz in den Pilotkommunen von besonderer Relevanz. Dafür sind stadtweite Verkehrsnetze mit den unterschiedlichsten, die Routenwahl beeinflussenden, Attributen (z.B. Radverkehrsführungsform, Oberflächenqualität, Längsneigungen usw.) notwendig. Diese werden entsprechend den Anforderungen aufbereitet und für weitere Schritte zur Verfügung gestellt.
In einem nächsten Schritt werden die genutzten Routendaten aufbereitet. Um eine exakte Analyse und Simulation der Routenwahl durchführen zu können, müssen die Fahrtendaten mit unterschiedlichen Verfahren aufbereitet werden. Dazu gehören u.a. die Plausibilisierung der für die Analyse genutzten Routendaten (Fehlerbereinigung), die Verknüpfung der Routendaten mit den Netzdaten, die Erzeugung von Routenalternativen sowie die Attributierung der Routen und Alternativen.
In einem weiteren Schritt wird die Routenwahl der Radfahrenden beschrieben und kausale Zusammenhänge zwischen den Einflussfaktoren und der Wahl einer Route analysiert. Dazu werden unterschiedliche statistische Verfahren sowie Methoden des maschinellen Lernens verwendet. Die resultierenden Modelle werden in einem späteren Schritt in der Web-Anwendung implementiert und für die Simulation genutzt. Eine bundesweite Freischaltung der Web-Anwendung wird anvisiert.
Um das Projekt und die Nutzbarkeit der Web-Anwendung für alle deutschen Kommunen zu verbreiten, ist eine breite Kommunikation der Projektergebnisse sowie eine gezielte Ansprache von kommunalen Akteurinnen und Akteuren geplant.
Warum handelt es sich um ein gutes, innovatives, nachahmenswertes und / oder nachhaltiges Beispiel und auf welche Einsatzbereiche lässt es sich übertragen?
Aus dem Projekt sollen Werkzeuge und Methoden hervorgehen, die in ganz Deutschland anwendbar sind. Die Projektergebnisse stellen eine maßgebliche Innovation dar, weil aus dem Vorhaben nicht nur eine innovative Unterstützung im Bereich der Planung hervorgeht, sondern auch einzigartige Ergebnisse (Modelle, Methoden und Daten) produziert werden, welche in dieser Form für den deutschen Raum derzeit nicht verfügbar sind.
Die resultierende Web-Anwendung wird bundesweit alle Kommunen in die Lage versetzen, Radverkehrssimulationen einfach, schnell und intuitiv durchzuführen. Es existieren derzeit keine vergleichbaren Plattformen, mit deren Hilfe Verkehrsplanerinnen und Verkehrsplaner einfach und intuitiv eine realistische Simulation der Routenwahl von Radfahrenden durchführen können.
Finanzierung
Finanzierung
Bundesmittel
Gesamtvolumen
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans gefördert. Das Gesamtvolumen beträgt 621.456,74 Euro.
Projektträger & Beteiligte
Projektleitung: Technische Universität Dresden
Gesamtprojektleitung
Dr.-Ing. Stefan Huber, Technische Universität Dresden
Hettnerstr. 1
01062 Dresden
+49 351 463 43156
Erscheinungsdatum: 29.8.2023
Autor: Dr.-Ing. Stefan Huber (Technische Universität Dresden)